Von der Wüste zum Patriarchat – vom Patriarchat zur Welt-Verwüstung. James De Meo’s Saharasia-These

vorgestellt von Tanja Braumann und Andreas Peglau

Der amerikanische Viel-Fach-Wissenschaftler James De Meo weist nicht nur nach, daß die menschliche Destruktivität und Sexualunterdrückung mit dem Patriachat auf die Welt kam – sondern auch wie.

Was uns seine Analysen nahelegen, mag zunächst phantastisch anmuten. Andererseits ist es „nur“ die konsequente Anwendung einer Weltanschauung, die davon ausgeht, daß seelische, körperliche, soziale und ökologische Faktoren zusammenwirken.

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Es begann damit, daß De Meo Wilhelm Reichs Arbeiten zur Orgonenergie (siehe u.a. Bernd Senf „Himmelsakkupunktur …“) weiterführen wollte und feststellen mußte, daß die Wissenschaftsbehörden in den USA seit 1957, als sie Reichs Bücher verbrannt und ihn ins Gefängnis geworfen hatten, ihre Ansichten kaum geändert haben: Kein Geld und kein Platz in den USA für Reich-Nach-Forschungen! Also suchte De Meo nach einem „unverdächtigen“ Thema: Kulturgeschichtliche und völkerkundliche Zeugnisse und Vergleiche, aus denen sich Aussagen über das soziale Verhalten gegenüber Frauen und Kindern ableiten ließen. Aber auch damit konnte er an einen zentralen Gedanken Reich’scher Forschungen anknüpfen: „Die soziale Sexualökonomie befaßt sich mit einer menschlichen Struktur, die nicht in den letzten 200 Jahren entstand, sondern eine viele tausend Jahre alte patriarchalisch-autoritäre Zivilisation wiedergibt.“

Zunächst fand De Meo, daß es Repressionen gegen Babys, Kinder und Jugendliche, aber auch gegen Frauen sowohl in den „zivilisierten“ als auch unter den „primitiven“ Völkern gibt:

„Unbewußtes und rationalisiertes Zufügen von Schmerz an neugeborenen Säuglingen und an Kindern mit verschiedenen Mitteln; Trennung und Isolation des Kindes von seiner Mutter (sowie die zeitgemäßen Methoden: Durchtrennen der Nabelschnur vor Einsetzen der Lungentätigkeit des Neugeborenen, Schlag auf den Po, um Atmung von außen einzuleiten, Silbernitrat-Lösung in die Augen, – T. B./ A.P.); Gleichgültigkeit gegenüber weinenden und aufgeregten Kindern; ständige Ruhigstellung durch Eingewickeltsein; Verweigerung der Brust oder verfrühte Entwöhnung des Kindes; Beschneidung von kindlichen Körperteilen, gewöhnlich der Genitialien; traumatische Reinlichkeitserziehung sowie die durch körperliche Strafen und Drohungen erzwungene Forderung, ruhig, gehorsam und nicht neugierig zu sein.

Andere soziale Institutionen, die beabsichtigen, das Aufkeimen der (kindlichen) Sexualität zu kontrollieren oder zu zerstören, sind zum Beispiel das weibliche Jungfräulichkeitstabu, das von jeder Kultur gefordert wird, die einen patriarchalen, hohen Gott verehrt, sowie die festgelegten und erzwungenen Heiraten, die mit Strafe und Schuldgefühl durchsetzt werden.“

Deutlich war, daß die meisten dieser rituellen Beschränkungen oder Bestrafungen gegenüber Frauen wesentlich schmerzhafter ausfallen, „obwohl auch Männer in weitem Maße davon betroffen sind.“

Körperliche Züchtigung und offene Brutalität waren nicht nur bei zivilisierten und unzivilisierten Völkern zu finden, sondern bei einigen der letzteren sogar deutlich stärker ausgeprägt. Von einem einfachen Zusammenhang wie: “Je weniger Fortschritt und Konsum, desto glücklicher und sexuell freier lebt ein Volk“ konnte also keine Rede sein.

Mußte daher doch angenommen werden, Gewaltherrschaft und (Sexual-)Unterdrückung sind dem Menschen in die Wiege gelegt, waren „schon immer da“?

Friedvolle Traditionen

Dagegen sprachen zum einen völkerkundliche Studien über friedvolle Kulturen, wie sie im indischen, afrikanischen oder brasilianischen Regenwald oder in der Südsee existieren – z. B. die Muria, die Madihá, die Pygmäen oder die Trobriander.

„Bei den Muria hatten die Kleinkinder ein ausgesprochen enges Verhältnis zu ihren Muttern. Den Kindern wurden keine seelischen und körperlichen Schmerzen zugefügt. Es gab keine sozialen Bräuche, die darauf abzielten, Kinder von ihren Müttern zu trennen, keine rituellen Verstümmelungen. Es wurde nichts getan, um die enge Mutter/Kind-Beziehung zu stören. Ebenso nahm sich eine Anzahl von heranwachsenden Jugendlichen und Erwachsenen der Kleinkinder an und entwickelte ihrerseits eine enge, warmherzige Beziehung zu ihnen. Wenn sie fünf oder sechs Jahre alt waren, begannen sie ihre dörfliche Umgebung zu erkunden und nahmen Kontakt zu Gleichaltrigen und Heranwachsenden auf. Sie besaßen das, was wir ‚Kinder-Demokratie‘ nennen würden … Kinder einer Altersklasse bestimmten als Gruppe über ihre täglichen Aktivitäten und wurden darin nicht durch Erwachsene gehindert, wie dies bei uns der Fall ist. Wenn zum Beispiel die Kinder der Muria auf Hügel klettern oder in den Dschungel gehen wollten, um Vogeleier zu suchen, dann taten sie das auch. Wenn die Älteren sagten: `Nun komm und hilf uns bei der Gartenarbeit´ und die Kinder hatten keine Lust dazu, dann brauchten sie es nicht zu tun.

Die Kinder waren aber sehr neugierig und hilfsbereit. Sie halfen gern bei der Arbeit, besonders, wenn es um aufregende Aktivitäten ging, wie zum Beispiel den Fischfang. Die Kinder in diesen ‚Kinder-Demokratien‘ waren stark in die Erwachsenenwelt eingebunden, doch es stand kein Zwang dahinter.

Wichtig ist, daß es keine Unterdrückung der Sexualität gab. Wenn die Heranwachsenden sexuelle Gefühle zueinander entwickelten, gab es keine Verbote oder Zwänge. Sie begannen miteinander zu schlafen, wobei damit nicht immer Geschlechtsverkehr gemeint ist. Manchmal lagen sie einfach nur nachts beieinander und umarmten sich. Es gab ein spezielles Haus, das den Heranwachsenden zur Verfügung stand und ihnen, so wie es wünschten, unabhängig von den Erwachsenen Intimität ermöglichte. In vielen Fällen war es den Erwachsenen verboten, solche Häuser zu betreten.

Die jüngeren Kinder wurden durch die älteren in die Sexualität eingeführt. Nach einer Zeit, während man den Partner häufig wechselte, begannen die Älteren zu einem Partner des anderen Geschlechts eine besondere Beziehung zu entwickeln. Diese jungen Leute entwickelten später aus sich heraus gewollte Liebesheiraten und diese Bindungen waren stabil und dauernd.

Gleichzeitig gab es auch keinerlei Arten pathologischen Sexualverhaltens. Es gab keinen Frauentausch, keine Polygamie, keinen Verkehr zwischen Kindern und Erwachsenen, keine Vergewaltigungen. Niemand tat so etwas, da es kein Verlangen danach gab. Noch gab es irgendeinen Grund für sadistisches Verhalten.

So kann man erkennen, daß eine ungestörte Mutter/Kind-Beziehung zu einer festen Mann/Frau-Bindung führt, wenn die ersten Beziehungsversuche von Heranwachsenden ebensowenig von Erwachsenen gestört werden.

Das Resultat ist eine höchst gesunde Gesellschaft, die keine Kriege führt, in der Gewalttätigkeiten äußerst selten sind und die grundsätzlich nicht neurotisch geprägt ist … sehr glückliche, aufrichtige und ehrbare Menschen.

Was die Muria angeht: Ein Missionar namens Elwin wurde zu ihnen geschickt, um sie zum christlichen Glauben zu bekehren. Als er bei ihnen ankam, stellte er folgendes fest: ‚Dies ist die liebenswerteste, glücklichste und friedlichste Gemeinschaft, die ich jemals in meinem Leben gesehen habe. Ich werde nichts tun, um sie zu ändern. Ich werde vielmehr mein Leben der Aufgabe widmen, sie vor schädlichen Außeneinflüssen zu schützen.‘ Und das tat er dann auch.“

Dagegen sprach aber auch die mittlerweile jahrzehntelange Erfahrung mit Reichianischer Körpertherapie, die nachweist, daß Ursachen von destruktiver Aggression bei Erwachsenen vorwiegend in lust- und lebensfeindlicher Erziehung zu finden – also keineswegs angeboren sind.

Davon ausgehend konnte angenommen werden, daß die biologischen Voraussetzungen für eine nicht-destruktive Lebensweise in den Menschen vorhanden sind.

„So stellt sich natürlich die Frage, wie die kulturelle Gestalt von Trauma, Unterdrückung und Gewalt (Patrismus) ursprünglich ihren Anfang nehmen konnte. Patrismus, der mit seinem riesigen Erguß von Gewalt gegenüber Säuglingen, Kindern und Frauen von einer Generation zur nächsten durch schmerzvolle, lebensbedrohende Institutionen weitergegeben wird, muß spezifische Zeiten und Plätze seines Ursprungs unter einigen, aber nicht allen frühen Gesellschaften gehabt haben. Wenn wir annehmen, daß es keinen angeborenen patristischen Charakter gibt, der sich aus chronischen Blockierungen, Hemmungen und Eindämmungen biologischer Antriebe ableitet, ist die oben beschriebene Annahme zwingend.

Matrismus jedoch, der dem freien, ungebrochenen Ausdruck biologischer Impulse entspringt und darum angeboren ist, wäre demnach ursprünglich unter den Menschen der Frühzeit weltweit und überall zu finden gewesen.

Tatsächlich kam ich zu dem Ergebnis, daß es keinen klaren zwingenden Beleg für die Existenz eines Patrismus irgendwo auf der Erde vor ca. 4.000 v. Chr. gibt. Auf jeden Fall aber gibt es beweiskräftige Belege für frühe matristische soziale Verhältnisse.

Ein Teil dieser Schlußfolgerungen wurde aus dem Vorhandensein bestimmter Geräte aus diesen frühesten Zeiten gezogen und umfaßt: das behutsame und einfühlsame Begraben der Toten, ungeachtet ihres Geschlechts und mit relativ gleichwertigen Grabbeigaben, ferner auch realistische weibliche Götterstatuen, naturalistische und einfühlsame Kunstwerke auf Felswänden und Töpfereien, wobei bevorzugt Frauen, Kinder, Musik, Tanz, Tiere und die Jagd dargestellt wurden.

In späteren Jahrhunderten haben einige dieser friedlichen, matristischen Völker technologische Fortschritte gemacht und große unbewaffnete Agrar- und Handelsstaaten aufgebaut, besonders in Kreta, im Industal und im sowjetischen Teil Zentralasiens.

Die Schlußfolgerung, daß in diesen frühen Zeiten auch Matrismus existierte, wurde auch daraus gezogen, daß es keine archäologischen Belege für Chaos, Kriege, Sadismus und Brutalität gibt, die in jüngeren Schichten ziemlich deutlich zu Tage treten.

Früher wurden z. B. gewisse Aspekte des Matrismus und friedlicher sozialer Verhältnisse in den tiefsten archäologischen Schichten mancher Regionen festgestellt, die nachweislich Übergänge zu gewaltvollen, Männer-dominierten Verhältnissen in späteren Jahren aufwiesen. Ganze Regionen wechselten hierbei innerhalb desselben Zeitraumes vom Matrismus zum Patrismus, oder der Wechsel erstreckte sich über eine Zeitspanne von Jahrhunderten hinweg über riesige Teile eines Kontinents.“

Die Wurzeln der Gewalt

Wenn der Patrismus als vergleichsweise junge gesellschaftliche Perversion erst durch den Untergang der zehntausende Jahre alten matristischen Ordnung zustande kam – was bewirkte deren Untergang? James De Meo arbeitete historische Dokumente auf, verglich Religionsbücher und Mythen, simulierte mit Computern – und stieß auf unerwartete ökologische Zusammenhänge:

„Von größter Bedeutung war die Entdeckung, daß die frühesten dieser kulturellen Übergänge in spezifischen Regionen der Alten Welt (ganz besonders in Nordafrika, dem Nahen Osten und Zentralasien um 4.000 – 3.500 v. Chr.) vorkamen und einhergingen mit grundlegenden Veränderungen der Umwelt, von relativ feuchten zu trockenen Bedingungen in jenen Regionen.“

Eine solche Wüstenbildung hat natürlich gravierende Auswirkungen auf die Ernährungsmöglichkeiten der Menschen – und das wiederum auf ihr Zusammenleben:

„Jüngste Augenzeugenberichte über auftretende kulturelle Veränderungen während Hungersnot und Unterernährung weisen auf einen sich daraus ergebenden Zusammenbruch der sozialen und Familienbindungen hin. Unter härtesten Hungerzuständen verlassen Ehemänner auf Suche nach Nahrung ihre Frauen und Kinder. Sie kehren zurück, oder auch nicht. Hungernde Kinder und ältere Familienmitglieder sind in der Folge allein gelassen, um auf eigene Faust zu kämpfen oder zu sterben, Kinder bilden herumstreichende Banden, die Nahrung stehlen, während die verbleibenden Sozialstrukturen völlig auseinanderfallen. Die Bindung zwischen Mutter und Kind scheint sich am längsten zu halten, aber schließlich wird auch die verhungernde Mutter ihre Kinder verlassen.

Klinische Forschungen über die Folgen schwerer Protein-Kalorien-Unterernährung von Säuglingen und Kindern erweisen, daß Hunger ein Trauma schwersten Ausmaßes ist. Ein Kind, das daran leidet, wird Symptome der Kontaktlosigkeit und starker Bewegungsarmut aufweisen und – in außergewöhnlichen Fällen – das Körper- und Gehirnwachstum einstellen.

Falls das Hungern lange genug angedauert hat, kann es nach Wiederherstellung der Nahrungsversorgung vorkommen, daß leichte bis schwere körperliche und emotionelle Unterentwicklungen auftreten.

Wichtig ist, daß der Säugling durch Unterernährung und Hunger in einer emotionellen Weise beeinflußt wird, die fast identisch ist mit der, wie sie bei Trennung von der Mutter auftritt. Diese Erfahrungen haben klare lebenslange Folgen für die Einstellungen und Verhaltensweisen der Erwachsenen sowohl gegenüber den Lebensgefährten als auch den Nachkommen.“

Andauernder Nahrungsmangel erzeugt darüber hinaus eine Veränderung der gesamten Lebensweise. So muß z. B. jegliche Seßhaftigkeit zugunsten ständiger Nahrungssuche, ständigem Umherwandern, aufgegeben werden. Das bedeutet weitere Traumatisierung der mitgeschleppten Kinder:

„Ein besonderes Beispiel war der Gebrauch von ruhigstellenden kopfverformenden Rückentragegestellen (backpack cradle) wandernder Völker in Zentralasien, die anscheinend gleich zum doppelten Trauma, der kindlichen Schädeldeformation und dem Einwickeln des ganzen Körpers, einschließlich der Arme, geführt haben.

Tatsächlich wurden schmerzvolle Schädeldeformation und Festwickeln ein Erkennungsmerkmal und eine geschätzte soziale Einrichtung dieser Völker, die sogar bestehen blieb, nachdem sie die nomadische Existenz zugunsten einer seßhaften Lebensweise aufgegeben hatten. Außerdem wurde herausgefunden, daß wesentliche soziale Institutionen, wie z. B. die Genitialverstümmelung bei Männern und Frauen (Beschneidung der Vorhaut oder der Klitoris, Zunähen der Scheide u.ä.) ihren geographischen Schwerpunkt und ihre frühesten Ursprünge im großen Wüstengürtel der alten Welt hatten, wenn auch aus Gründen, die nicht ganz klar sind. (Vielleicht das „Einfleischen“ sexueller Unlust, die die Zeugungsrate senken sollte, um in lebensfeindlicher Umgebung nicht zu viele Kinder durchfüttern zu müssen? Sex dürfte jedenfalls nach dererlei Eingriffen kaum jemals wieder als reine Lust erlebt werden, – T.B./ A.P)

Im Verlauf der oben gemachten Bestimmung wurde es mir zunehmend offenbar, daß frühe matristische soziale Bindungen erstmalig bei den am Existenzminimum lebenden Kulturen erschüttert wurden, die die verheerenden Folgen schwerer, aufeinanderfolgender Dürren, Verwüstungen und längerer Hungersnöte überlebt hatten. Mit der fortschreitenden, von Generation auf Generation folgenden Zerstörung der sozialen Bindungen zwischen Mutter und Kind sowie Mann und Frau durch extreme Trockenheit, Hungersnot, Unterernährung und zunehmende Wanderung kam es zu einer konsequenten Entwicklung und Intensivierung patristischer Haltungen, Verhaltensweisen und sozialer Institutionen. Und diese haben allmählich die älteren, matristischen ersetzt.

D.h.: Patrismus hat sich in den Charakterstrukturen verankert, genauso wie sich extrem trockene Wüstenbedingungen in der Landschaft verfestigt haben. Und einmal so verankert, blieb der Patrismus mit seinen leidenden Völkern erhalten.“

Die Ausbreitung der Gewalt

Was James De Meo Patrismus nennt, ist die Daseinsweise, nach der heute nahezu die gesamte „zivilisierte“ Welt lebt – oder besser: stirbt. Da z. B. Europa kaum über nennenswerte Wüstengebiete verfügt, bleibt die Frage: Warum, wenn die Saharasia-These stimmt, hat es auch uns erwischt? Konnte sich der Patrismus aus eigener Kraft, ohne begleitende ökologische Veränderungen, über die Erde ausbreiten? James De Meo sagt: Ja – und führt weitere Beweise an.

„Nach ca. 4.000 bis 3.500 v. Chr. werden in den Ruinen früherer friedlicher, matrialistischer Siedlungen an den Flußtälern in Zentralasien, Mesepotanien und Nordafrika radikale soziale Veränderungen sichtbar. Immer fallen die Belege für sich ausbreitende Trockenheit und Landflucht zusammen mit einem Druck durch wandernde Völker auf Siedlungen mit gesicherter Wasserversorgung, wie es sie z. B. in Oasen oder an exotischen Flüssen gab. Diese jüngeren Belege umfassen: Kriegswaffen, Schichten mit zerstörten Siedlungen, starke militärische Befestigungen, Tempel, Grabmale, die großen männlichen Herrschern gewidmet waren, Deformationen der Schädel von Säuglingen und kleineren Kindern; rituelle Ermordung von Frauen in den Grabstätten oder Gräbern von meist älteren Männern; rituelle Opferung von Kindern, Massengräber oder Gräber, die nicht gepflegt wurden und in die in wildem Durcheinander schon verweste Leichen geworfen worden waren; ein Kastenwesen; Sklaverei, strenge soziale Hierarchie, Polygamie, Konkubinat, wie aus der Architektur, Grabbeigaben und anderen Tätigkeiten bei Begräbnissen geschlossen werden kann.

Art, Stil und Inhalt der Kunstwerke aus diesen späteren, trockenen Perioden verändern sich ebenfalls und zeigen nun überwiegend bewaffnete Krieger, Pferde, Streitwagen, Schlachten und Kamele. Darstellungen, die Frauen und Kinder und das Alltagsleben zeigen, verschwinden.

Die weiblichen Götterstatuen werden zur gleichen Zeit abstrakt, unrealistisch oder sogar wild und grimmig und verlieren ihren freundlichen, umhegenden oder erotischen Charakter, oder sie verschwinden vollständig, um durch männliche Götter ersetzt zu werden. Die Qualität der Kunstgegenstände in der Alten Welt verfällt in dieser Zeit ebenso wie der Stil der Architektur; in späteren Jahren folgen ihm monumentale kriegerische und phallische (durch die Form des männlichen Gliedes inspirierte) Motive.

Siedlungen am Nil und Tigris-Euphrat werden ebenso wie feuchtere Gegenden im Hochland von Levantinien, Anatolien und Iran von Völkern überfallen und erobert, die Arabien und Zentralasien (die immer stärker austrockneten) verließen. Neue despotische Zentralstaaten entstehen in der Folge.

Grabstätten, Tempel und Festungsbauwesen mit Hinweisen auf rituelle Witwenmorde (und das heißt ja: Muttermorde, wenn sie vom ältesten Sohn durchgeführt wurden), Schädeldeformationen, starke Betonung von Pferden und Kamelen und eine Vermehrung militärischer Zusammenstöße folgten solchen Einfällen in fast jedem Fall, den ich studiert habe.

Als diese neuen despotischen Staaten an Macht zunahmen, vergrößerten sie ihre Territorien, manchmal um nomadische Hirtenvölker zu unterwerfen, die es noch in der ausdörrenden Steppe gab. Einige dieser despotischen Staaten fielen regelmäßig in feuchtere Gegenden ein, die Saharisia umgaben, um ihre Territorien zu vergrößern. Sie unterwarfen entweder die dort in den feuchteren Gegenden ansässigen Völker oder sie provozierten Verteidigungsreaktionen bei diesen Völkern, wenn sie nicht einfielen.

Europa wurde zum Beispiel hintereinander nach 4.000 v. Chr. von Streitaxt-Völkern, Kurgen, Skythen, Sarmatiern, Hunnen, Arabern, Mongolen und Türken überfallen. Jedes dieser Völker nahm die Gelegenheit wahr, zu bekriegen, zu erobern, zu plündern, und Europas Gesicht gewann durch sie im Laufe der Zeit einen patristischen Charakter .

Außerhalb der Alten Welt, in den feuchteren Gebieten Chinas, konnten sich matristische Gesellschaftsformen ebenfalls behaupten, bis nach ca. 2.000 v. Chr. die extrem patristischen zentralasiatischen Eroberer Chang und Chou, einfielen. Nachfolgende Einfälle von Hunnen, Mongolen und anderen untermauerten dies.

Die japanische Kultur blieb sogar noch etwas länger matristisch, da sie durch die Chinesische See und die Koreanische Meerenge abgeschirmt war, bis die ersten patristischen Völkergruppen aus dem asiatischen Kernland einfielen, wie z. B. die Yayoi um 1.000 v. Chr.

Die Einflüsse pharaonischer, ägyptischer, karthagischer, griechischer, romanischer, byzantinischer Völker, Einflüsse der Bantu, Araber, Türken und europäischer Kolonisatoren verstärkten den afrikanischen Patrismus in späterer Zeit.

Geographische Muster dieser Wanderungen, Einfälle und Ansiedlungen sind außerordentlich eindrucksvoll.

Die geografischen Fakten erklären, warum der Matrismus in den Regionen am besten erhalten blieb und Ausbreitung fand, die am weitesten von Saharasia entfernt waren.

Das umfaßt vor allem matristische Verhaltensweisen und soziale Institutionen, die die Bindungsfunktionen zwischen neugeborenen Babys und ihren Müttern unterstützen und fördern. Sie sichern die Versorgung des Kindes in seinen verschiedenen Entwicklungsstadien und ermutigen und schützen auch die Liebesbeziehungen und die lustvolle Erregung, die spontan zwischen jungen Frauen und Männern entsteht. Aus diesen lustorientierten biologischen Impulsen heraus ergeben sich andere soziale und auf Koopereation ausgerichtete Tendenzen und soziale Institutionen, die Leben beschützen und Leben verlängern. Solche Impulse und Verhaltensweisen, die kinderfreundlich, frauenfreundlich, sexualbejahend und lustorientiert sind, existierten, wie gezeigt wurde, in früheren Zeiten vor allem außerhalb der Grenzen des Wüstengürtels von Saharasia.

Auf jeden Fall waren sie vor den großen Trockenzeiten der Alten Welt einmal die vorherrschende Form menschlichen Verhaltens und sozialer Organisation auf dem ganzen Planeten. Bei dem hier vorgestellten Beweismaterial ist der Patrismus mit seinen kindermißhandelnden, frauenunterordnenden, sexualunterdrückenden, destruktiven, aggressiven Anteilen am leichtesten zu erklären als eine kontraktive (von Kontraktion: sich zusammenziehen, hier zu verstehen im Sinne von In-Sich-Zurückziehen, Erstarren, Unlebendig-Werden) emotionelle und kulturelle Antwort auf die Hungersnöte, die erstmals auftraten, als Saharasia ca. 4.000 v. Chr. austrocknete; eine Reaktion, die sich in der Folge aus der Wüste heraus durch die betroffenen Völker und durch deren veränderte soziale Einrichtungen ausbreitete.“

 

James De Meos Aufsatz „Entstehung und Ausbreitung des Patrismus – die Saharasia-These“ ist vollständig und ergänzt durch Karten und archäologische Abbildungen nachzulesen in der „Emotion 10“, erschienen im Nexus -Verlag.

 

aus ICH 2/ 91